… ist keine einfache! Nur um das mal vorweg zu nehmen. Und eine, die eventuell den Rahmen eines Facebook-Posts sprengt. Aber einige Gedanken zu diesem Thema kann man, besonders als Hundeschule, durchaus loswerden. Besonders als Hundeschule! Denn als solche lebt man mitunter von der Nachfrage der zahlreichen Hundehalter nach Sozialkontakt für ihre Lieblinge. Welpengruppen, Junghundegruppen, gemischte Gruppen (etc.) sind nur wenige Beispiele für die zahlreichen Angebote, die Sozialkontakt und Auslastung für die Vierbeiner versprechen. Verständlicherweise möchte man als Hundehalter seinen Hund unter Artgenossen bringen, zum Spielen, zum Kontakt – man möchte ihm etwas Gutes tun. Aber: muss das sein? Brauchen Hunde andere Hunde zum Glücklichsein?
Hunde brauchen in erster Linie mal: den Menschen. Betrachtet man sich die über Entwicklung des Wolfes bis hin zur Unterart des Haushundes, wird deutlich, dass gerade die Nähe zum Menschen ein entscheidender Faktor in dieser verhältnismäßig schnellen Entwicklung war. Vom Wolf, der sich über Abfälle und Hinterlassenschaften der Menschen freute und deshalb zunehmend ihre Nähe suchte, entwickelten sich immer zutraulichere wölfische Abkommen. Mit zunehmender Nähe zum Menschen veränderten sich diese Abkommen und der Mensch verstand es schnell, die neue Zugänglichkeit dieser Caniden für seine Zwecke zu nutzen. Immer gezielter wurde selektiert. Das Ergebnis ist, letztendlich, unser Hund, in all seiner Vielfalt.
Und eben diese Vielfalt zeigt, wie sehr der Hund den Menschen braucht: Wir haben Hunde, die unser Hab und Gut beschützen sollen. Hunde, die uns beschützen sollen. Hunde, die möglichst eng mit uns zusammen arbeiten und unterstützen sollen. Hunde, die einfach nur unsere Hunde sein sollen. Erfreulicherweise auch Hunde, die, aus schlechten Verhältnissen kommend, bei uns die Chance auf ein besseres Leben bekommen. Alle haben sie gemeinsam, dass der Mensch (mehr oder weniger) Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens ist – der Sozialkontakt zum Menschen ist für diese Hunde essentiell.
Dabei geht es nicht nur um den Zugang zu Ressourcen wie Futter oder Ruheplätze, die wir unseren Hunden gewähren. Auch der Sozialkontakt zu Artgenossen läuft zunächst einmal über den Menschen: Wir entscheiden, wo wir Gassi gehen, mit wem und wann. Wir entscheiden, ob er Hunde- oder Gassigruppen besucht. Der springende Punkt dabei: Unser Hund hat keine Wahl. Er hat nur eingeschränkt Möglichkeit, sich seine Sozialkontakte auszusuchen. Das heißt nicht, dass er dabei stets alleinige Entscheidungsfreiheit haben sollte, denn häufig geht das einfach nicht. Er sollte aber Mitspracherecht haben und – vor allem! – nicht mit wohl gemeinten Sozialkontakten überschüttet werden.
Und damit wären wir schon wieder bei der Frage, die hier über allem steht: Brauchen Hunde Hunde? Und wir wären schon bei einer Antwort: Ja, unbedingt… Aber: Wenn, dann bitte richtig!
‚Richtig‘ meint die Qualität des Sozialkontaktes. Frühestens fängt das in der Welpenzeit an, denn eine gute Sozialisation der Kleinen ist Gold wert. Welpengruppen versprechen Sozialkontakte en masse, genau das kann aber auch nach hinten losgehen. Denn unter 15 durcheinander wuselnden Welpen zu stehen, hat nichts mit gutem Sozialkontakt zu tun. Vor allem bedeutet das: Stress. Der wiederum ist beste Grundlage für Mobbing und zu grobem Spiel. Die unbedarfteren, offeneren Welpen lernen: Hunde bedeuten viel Action! Entsprechend schwieriger fällt es diesen Hunden später in Gegenwart anderer Hunde ruhiges Verhalten zu zeigen. Im ungünstigsten Fall lernen sie zu mobben, zu überrennen und die körpersprachlichen Signale ihrer Artgenossen zu ignorieren. Für die schüchterneren und vorsichtigeren Welpen wiederum sind es, die dabei unter die Räder kommen können. Sie lernen, dass ihnen Artgenossen häufig viel zu nahe kommen und es dabei nichts bringt, auf freundliche Art zu sagen ‚Lass mich bitte in Ruhe‘. Sie lernen im ungünstigsten Fall, nach vorn zu gehen, um sich potentiell zu aufdringliche Hunde vom Leib zu halten – keine gute Grundlage, um Hundebegegnungen im Alltag entspannt zu meistern. Gleiches gilt für andere Gruppensituationen, von über Hundeschulgruppen, Hundebetreuungsangeboten bis hin zu privaten Gassi-Treffs.
Worauf also achten als Hundehalter? Gruppen, egal in welcher Form, sollten nicht zu groß sein und von der verantwortlichen Person rücksichtsvoll gemanagt werden. Gruppen dürfen durchaus auch groß sein, speziell dann ist aber ein gutes Management und die richtige Zusammenstellung wichtig. Natürlich kann nicht jeder Hund in jeder Gruppe perfekt zu allen anderen passen. Besonders dann ist gutes Management gefragt – und eine gute Integration. Achten Sie darauf, dass die Integration neuer Hunde in ein bestehendes Gruppengefüge langsam vonstattengeht und die individuellen Bedürfnisse Ihres und der anderen Hunde (Stichwort: Individualdistanz!) respektiert werden. Achten Sie, sofern nötig, auf ausreichend Ruhepausen innerhalb der Gruppensituation, um das oben beschriebene Übermaß an Stress gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Klingt, als müsse man auf unheimlich viel achten. Praktischerweise sind in bezahlten Hundegruppen Trainer und Betreuer dafür verantwortlich. Im privaten Setting gilt in erster Linie: Langsam angehen lassen! Geben Sie Ihrem Hund Zeit und Raum, wenn es um neue Sozialkontakte geht. Regelmäßiger Sozialkontakt lastet aus und schult die soziale Kompetenz und das Selbstbewusstsein ihres Hundes. Wie wir sind Hunde sozial hoch entwickelte Lebewesen. Je mehr und besser sie ihre soziale Kompetenz schulen, desto besser werden sie im Umgang miteinander. Aber auch wir brauchen keine 57 engen Freundschaften, um glücklich zu sein. Geben Sie Ihrem Hund die Möglichkeit zu regelmäßigem, stressfreiem und gutem Hundekontakt, selbst wenn es nur 2 oder 3 gute Hundefreunde sein sollten.
Brauchen Hunde Hunde? Hunde brauchen Hunde. Aber: Qualität geht vor Quantität! Pflegen Sie bestehende Hundefreundschaften Ihres Lieblings, genauso wie Sie Ihre eigenen pflegen. Nicht jeder Hund ist grundsätzlich glücklich über jede neue Hundebegegnung und kann diese entspannt meistern, ganz abhängig von den Lernerfahrungen des Hundes. Zerren Sie ihn also nicht in Situationen, die ihn überfordern, nur um für Sozialkontakt zu sorgen. Unterstützen Sie ihn dabei so gut es geht. Denn wie schon geschrieben: der Hund braucht hier – wie in so vielen Lebenslagen – vor allem den Menschen!